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Klimarisiken von Pflegeeinrichtungen

Piktogramm: weiße Linien auf dunkelgrünem Hintergrund deuten eine nach oben geöffnete Hand an darüber schwebt ein Herz

Klimarisiken können abhängig von Branche und Wertschöpfungskette sehr unterschiedlich sein. Die nachfolgenden Bereiche stellen eine Auswahl an Informationen rund um das Thema »Physische und Transitorische Klimarisiken« im Kontext der Pflegewirtschaft dar. In den Erklärungsabschnitten finden sich Basisbegrifflichkeiten und Beispiele für eine erhöhte Verständlichkeit. In den nachfolgenden Abschnitten werden Hilfsmittel, Netzwerke und eine Auswahl an wesentlichen Klimarisiken erläutert. Die Auswahl der wesentlichen Klimarisiken resultiert aus Studien und Interviews mit Branchenexpertinnen und -experten.

Als akute, physische Klimarisiken gelten die zunehmenden Wahrscheinlichkeiten klimawandelbedingter Extremwetterereignisse und deren Folgen.

Beispiele sind:

  • Lokale Überflutungen durch Starkregen führen zu Gebäude- und Infrastrukturschäden
  • Hitzewellen haben gesundheitliche Folgen, vor allem für Patientinnen und Patienten bzw. Bewohnerinnen und Bewohner

Als chronische, physische Klimarisiken gelten grundlegende und langanhaltende Veränderungen klimatischer Bedingungen und deren Folgen.

Beispiele sind:

  • Steigende Durchschnittstemperaturen erhöhen den Kühlungsbedarf, um die Wohnqualität und die Sicherheit der medizinischen Versorgung zu gewährleisten
  • Trockenperioden können die Wasserverfügbarkeit einschränken und die Versorgungssicherheit gefährden

Als technologische Klimarisiken gelten Risiken aufgrund des technologischen Wandels hin zu einer emissionsärmeren Wirtschaft.

Beispiele sind:

  • Mehrkosten für den Übergang zu emissionsärmeren Technologien, wie Wärmepumpen oder Solartechnik
  • Veraltete Infrastruktur, die den steigenden Anforderungen nicht gerecht wird, führt zu ineffizientem Betrieb und höheren Kosten

Als klimabedingte Markt(preis)risiken werden Risiken verstanden, welche aus Veränderungen von Angebot und/oder Nachfrage sowie sich verändernden Marktpreisen resultieren.

Beispiele sind:

  • Steigende Energiekosten aufgrund erhöhter Kühl- und Heizanforderungen, die durch extreme Temperaturen verursacht werden
  • Steigende Kosten für Baumaterialien aufgrund von Ressourcenknappheit, steigender Energiepreise, Umweltauflagen oder Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien

Als regulatorische, politische und/oder rechtliche Klimarisiken werden Risiken verstanden, welche primär aufgrund von politischen Maßnahmen zur Steuerung des Übergangs in eine emissionsärmere Wirtschaft entstehen.

Beispiele sind:

  • Verpflichtung zur Erreichung von CO₂-Neutralität bis 2045 hat weitreichende Auswirkungen auf Investitionen in Bestand, Neubau und Infrastruktur
  • Änderungen in Pflegevorschriften, insbesondere hinsichtlich Raumtemperaturkontrolle und Hygiene, können erhebliche finanzielle Auswirkungen haben

Als klimabedingte Reputationsrisiken werden Risiken verstanden, welche aus der gesellschaftlichen Wahrnehmung des Unternehmens und dessen Beitrag für den Klimaschutz resultieren.

Beispiele sind:

  • Reputationsverlust durch mangelnde Anpassungs- und Vorsorgebemühungen bei klimabedingten Herausforderungen wie Hitzewellen
  • Negative Aufmerksamkeit und Schädigung des Firmenwertes aufgrund unzureichender oder nicht wahrheitsgemäßer Berichterstattungen zu klimabezogenen Leistungen des Unternehmens

Auf Basis von Interviews mit Expertinnen und Experten und Verantwortlichen von kommunalen Pflegeunternehmen, Veröffentlichungen in Nachhaltigkeitsberichten und der Recherche in Studien können folgenden Hilfestellungen zu physischen und transitorischen Risiken formuliert werden:

  • Akute physische Klimarisiken: Die Auswertungen zeigen, dass akute physische Klimarisiken aufgrund des enormen Ausmaßes an gesundheitlichen und materiellen Schäden von besonders hoher Relevanz für kommunale Unternehmen der Pflegewirtschaft sind. Hitzeereignisse stehen dabei an erster Stelle, da sie direkt die Gesundheit und das Wohlbefinden der Bewohnerinnen und Bewohner in den Pflegeeinrichtungen sowie des Pflegepersonals erheblich beeinträchtigen können. Die Relevanz weiterer akuter physischer Klimarisiken hängt stark von den individuellen Standortbedingungen ab. So sind Starkregenereignisse und deren mögliche Folgen wie Hochwasser und Überschwemmungen für Unternehmen in flussnahen Gebieten besonders relevant, da sie erhebliche Schäden an der Infrastruktur und den Gebäuden verursachen können.
  • Chronische physische Klimarisiken: Langfristige klimatische Veränderungen wie steigende Durchschnittstemperaturen und veränderte Niederschlagsmuster sind aufgrund ihrer langfristigen Auswirkungen auf die Betriebsbedingungen und Infrastruktur von hoher Relevanz. Die höchste Relevanz kommt dem erhöhten Kühlbedarf zu, um die Wohnqualität und Sicherheit der medizinischen Versorgung zu gewährleisten. Betroffen sind vor allem die Aufenthaltsräume der Bewohner und die Lagerung temperaturempfindlicher Medikamente. Veränderungen in der Wasserverfügbarkeit sind ebenfalls von hoher Relevanz. Pflegeeinrichtungen sind auf eine stabile Wasserversorgung für die tägliche Pflege und Hygiene der Bewohner angewiesen. Chronische Wasserknappheit kann die Versorgungssicherheit gefährden und die Qualität der Pflege beeinträchtigen.
  • Technologierisiken: Die Einschätzung zu Technologierisiken ist unterschiedlich, durchschnittlich von mittlerer Relevanz. Hervorgehoben wird der Bedarf an Neuinvestitionen in Technologien durch veraltete Heiz- und Energiesysteme. Die Elektrifizierung der Fahrzeugflotten erfordert ebenfalls signifikante Anpassungen und Investitionen. Die Unsicherheit über steuerliche Rahmenbedingungen und die Verfügbarkeit von Fördermitteln kann die Umsetzung verzögern.
  • Markt(preis)risiko: Die Marktrisiken durch den Übergang zu einer emissionsärmeren Wirtschaft werden von sächsischen Pflegeunternehmen vorrangig hoch bewertet. Insbesondere die steigenden Bau- und Energiekosten zeigen sich als wesentliche Risiken bei der Bewertung. Ungeeignete oder unzureichende Förderprogramme können die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen verzögern oder verhindern. Die Unsicherheit über die Verfügbarkeit von Finanzmitteln ist ein wesentliches Hindernis. Auch die konsequente Umsetzung von DGE-Standards und der Einsatz biologisch erzeugter Lebensmittel können die Betriebskosten erhöhen und die Budgets belasten.
  • Regulatorisches Klimarisiko: Sächsische Pflegeeinrichtungen erkennen ein hohes Maß an Risiken durch klimabezogene Regulierungen. Eine sozialrechtliche Verankerung von Klimaschutz und Nachhaltigkeit kann zukünftig umfangreiche Anpassungen an Betriebsabläufe und Dienstleistungen erfordern. Pflegeeinrichtungen müssen sich auf neue Vorschriften einstellen, die zu erhöhtem, administrativem Aufwand und zusätzlichen Kosten führen. Das Erreichen der CO₂-Neutralität bis 2045 wird auch von kommunalen Einrichtungen zunehmend umfangreiche Investitionen in Modernisierungen, beispielsweise um den gesetzlichen Vorgaben zur Energieeffizienz und Umweltfreundlichkeit gerecht zu werden, erfordern. Zusätzlich können Änderungen in Pflegevorschriften, insbesondere hinsichtlich Raumtemperaturkontrolle und Hygiene, erhebliche finanzielle Auswirkungen haben, um den steigenden klimatischen Herausforderungen gerecht zu werden. 
  • Reputationsrisiken: Die sächsischen Pflegeeinrichtungen haben die potenziellen Reputationsschäden aufgrund negativer gesellschaftlicher Wahrnehmung durch unzureichendes Krisenmanagement oder mangelnde Umsetzungsbemühungen erkannt. Obwohl diese als relevant betrachtet werden, werden die Eintrittswahrscheinlichkeiten als gering bis mittel eingestuft. Pflegeeinrichtungen verstehen die Auseinandersetzung mit Klimarisiken als ihren gesellschaftlichen Auftrag und handeln vielerorts bereits entsprechend. Die hohe Priorisierung der Thematik durch die Einrichtungen trägt zusätzlich zur geringeren Risikoeinschätzung bei.

In den Gesprächen wurden einige Maßnahmen genannt, die bereits umgesetzt werden, um den Klimarisiken entgegenzuwirken. Nachfolgend sind Beispielmaßnahmen und deren Wirkung genannt:

  • Begrünung und Verschattung: Pflanzen von Bäumen und Sträuchern rund um die Gebäude, Begrünung von Dächern, Installation von Pergolen und Sonnensegeln zur Schaffung von Schattenbereichen und der Verbesserung des Mikroklimas.
  • Angepasste Raumnutzung: Raumkonzepte können neu gedacht werden und kühle Kellerräume ohne zusätzliche Kosten als Lager oder Dienstzimmer genutzt werden.
  • Einsatz erneuerbarer Energien: Viele Pflegeeinrichtungen in Sachsen setzen bereits auf erneuerbare Energien. Photovoltaikanlagen werden auf den Dächern von Einrichtungen installiert, um sauberen Strom zu erzeugen und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern.
  • Hitzeaktionstage: Einige Einrichtungen organisieren Aktionstage rund um das Thema „Hitze“ und kombinieren nützliches Wissen mit praktischen Tipps und Spaß für Mitarbeitende, Bewohnerinnen und Bewohner sowie Angehörige.
  • Angepasste Arbeitskleidung: Leichte, atmungsaktive und helle Dienstkleidung hilft den Pflegekräften, kühl zu bleiben.
  • Schulung und Sensibilisierung: Schulungen für das Personal über die Risiken von Hitzebelastung, das Erkennen gesundheitsgefährdender Symptome und die Bedeutung von Selbstpflege (Weiterführende Informationen unter https://higela.de/materialsammlung-hitzeschutz-projekt-higela/)

Nachfolgend sind Hilfsmittel und Tools benannt, welche bei der Identifikation und Bewertung von Klimarisiken helfen können:

  • Leitfaden »Szenarioanalyse«
    Ein Diskussionspapier des Global Compact-Netzwerks Deutschland zur Szenarioanalyse von transitorischen und physischen Klimarisiken.
  • Studie »Klimawirkungs- und Risikoanalyse in Deutschland«
    Studie des Umweltbundesamtes mit detaillierten Risikobeurteilungen zu 13 Handlungsbereichen, darunter „Menschliche Gesundheit“.
  • ReKIS – Regionales Klimainformationssystem für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen
    Das Regionale Klima-Informationssystem (ReKIS) ist eine webbasierte Plattform, die umfassende Informationen und Daten zum Klima in Mitteldeutschland bereitstellt. Es dient als Ressource für die Analyse regionaler Klimadaten, Klimaprognosen und -szenarien, um Entscheidungsträger, Planer und die Öffentlichkeit bei der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen.
  • GIS-ImmoRisk Naturgefahren
    Das GIS-ImmoRisk Naturgefahren ist ein geoinformationssystembasiertes Tool, das speziell darauf ausgelegt ist, gegenwärtige und zukünftige Risiken durch Naturgefahren wie Hochwasser, Erdbeben und Stürme für Immobilien qualitativ und quantitativ einzuschätzen. Es bietet detaillierte Risikoanalysen und Visualisierungen, um fundierte Entscheidungen über den Umgang mit diesen Risiken zu ermöglichen.
  • LUIS – Landwirtschaft- und Umweltinformationssystem für Geodaten
    Das Portal »LUIS« bietet einen umfänglichen und übersichtlichen Zugang zu Geodaten aus verschiedenen Bereichen, wie Wasser oder Boden. Hier geht es direkt zu den regionalen Hochwasser-Karten.

Wir möchten an dieser Stelle gern eine Übersicht zu passenden Netzwerken bzw. Kooperativen für sächsische, kommunale Unternehmen schaffen. Die Netzwerke und Kooperativen helfen dabei, mit den Herausforderungen des Klimawandels umzugehen.

  • Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit
    Die Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit wurde 2017 als Verein gegründet. Das Netzwerk 500 Mitglieder und 25 Mitgliedsorganisationen. Im Zentrum der Arbeit steht das Konzept Planetary Health, nach dem die Gesundheit der Menschen von der Gesundheit der Ökosysteme abhängt. Sie berät unter anderem Akteure, Länder und Kommunen des Gesundheitswesens zu den Themen Klimaschutz und Klimafolgeanpassung.
  • Kompetenzzentrum für klimaresiliente Medizin und Gesundheitseinrichtungen
    Das Kompetenzzentrum für klimaresiliente Medizin und Gesundheitseinrichtungen ist Teil der Dachorganisation KLUG. Als strategische Allianz von Kliniken bringen sie den Klimaschutz im Gesundheitswesen voran und stellen Informationen zu verschiedenen Handlungsfeldern für klimafreundliche Gesundheitseinrichtungen zur Verfügung.
  • Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege
    Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege veröffentlicht auf Ihrem Online-Portal u. a. Handreichungen, Notfallpläne und Checklisten für stationäre Pflegeeinrichtungen und Tageseinrichtungen, darunter »Vorbereitungen auf und Bewältigung von Krisen und Katastrophen«.
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